Samstag, 24. Januar 2009
 
Zum Tod eines Ziehvaters des Rechtsextremismus PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Pablo Hörtner, SLP   
Samstag, 11. Oktober 2008

Der rechtsextreme Kärntner Landeshauptmann und BZÖ-Chef Jörg Haider (58) kommt bei Autounfall ums Leben. Österreichische Medien und Politiker trauern um den "verdienten Politiker" und "Lebensfreund".

Die meisten werden es bereits wissen: Der Rechtsextremist Jörg Haider (58) - Kärntner Landeshauptmann und BZÖ-Chef - ist heute Nacht auf dem Weg ins Bärental zum 90. Geburtstag seiner Mutter am Steuer seines Dienstwagens tödlich verunglückt. In manchen Foren ist bereits die Rede davon, dass "sich das linke Pack die Hände reiben" würde. Das dritte Lager wächst nun möglicherweise wieder noch stärker zusammen. "Das könnte einiges bedeuten für die Machtkonstellationen im Lande." (Hans Rauscher)

Auf ORF 2 gibt es seit 7 Uhr morgens Sondersendungen und das Kärntner Radio spielt ununterbrochen Trauermusik. Hans Bürger unterscheidet in der ZIB den umstrittenen Politiker Haider vom freundlichen Menschen. Bundespräsident Fischer spricht von einem Politiker mit großen Begabungen und Talenten. Wenige (insbesondere ausländische) Zeitungen bezeichnen Haider als Rechtspopulisten. Die VertreterInnen von SPÖ, ÖVP, FPÖ, BZÖ und Grünen sprechen von ihm alle als Ausnahmepolitiker, der die Politik stark geprägt hat - die Kritik an seinem Rechtsextremismus war bislang schwach bis kaum zu vernehmen. Lediglich Hans Rauscher vom Standard spricht von einem zerstörerischen und selbstzerstörerischen Politiker.

Haiders Stellvertreter Gerhard Dörfler wird vorerst Kärntner Landeshauptmann, der versuchen will, "seine Ideen weiter vorzutragen". Aus Respekt gegenüber Haider müsse er sein Erbe antreten. "Er hat die Politik menschlicher gemacht" und "alles liegen und stehen gelassen, wenn es um die Anliegen der Menschen ging." Dörfler meint weiter: "Die nächsten Schritte sind einmal Trauerarbeit. Ich glaub, das ganze Land ist traurig." Gegen Haider und Dörfler wird bereits seit mehreren Jahren ein Gerichtsverfahren wegen der Nichtaufstellung von zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten geführt. Ein Schulterschluss zwischen den Parteien wäre jetzt nötig, so Dörfler. Der BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner bricht bei einem Fernsehinterview in Tränen aus und sagt: "Jörg Haider ist mein bester Freund." (...) "Wir haben gemeinsam eine wunderbare Zeit gehabt." Er habe Haider geliebt sagt Petzner - ebenfalls weinend - bei der Pressekonferenz in Klagenfurt um 10 Uhr und spricht von einer großen Familie, deren Vater Haider gewesen sei.

Vor allem ausländische Medien erinnern an Haiders Bewunderung für die Beschäftigungspolitik im Dritten Reich, seine Bezeichnung von KZs als Straflager, Haiders ausländerfeindliche Politik und Hetze gegen MigrantInnen, den menschenfeindlichen Überfremdungswahlkampf der FPÖ vor den NR-Wahlen am 3. Oktober 1999 sowie die internationalen wie auch österreichweiten Proteste nach dem Regierungseintritt von Haiders FPÖ im Februar 2000.

Gestern, am 10. Oktober, fanden in ganz Kärnten Feierlichkeiten anlässlich der Volksabstimmung 1920, bei der Kärnten endgültig Bundesland der jungen Republik Österreich wurde, statt. Hier wird jedes Jahr dem "Kärntner Abwehrkampf" gedacht - einem rechtsextremen Mythos, dem zu Folge Kriegsheimkehrer das Land Kärnten vor einer slowenischen Invasion hätten schützen müssen. Auch das Ulrichsbergtreffen fand in diesem Rahmen statt - eine von SPÖ, ÖVP, BZÖ und FPÖ gemeinsam organisierte Veranstaltung im Gedenken an die im Ersten und Zweiten Weltkrieg ums Leben gekommenen österreichischen Soldaten. Für den einzigen organisierten Widerstand gegen den Nationalsozialismus, den Partisanenkampf, existiert in Kärnten keine einzige Tafel. Dafür gibt es Gedenktafeln für die "Verschleppten" und dergleichen mehr. Es bleibt abzuwarten, ob der Tod Haiders zu einer Schwächung oder nicht vielmehr zu einer weiteren Stärkung des Rechtsextremismus in Österreich führt.

http://www.slp.at/artikel+M5bdfe98b2f9.html

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